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erschienen in: Punkt 3. Die Zeitung für Reisen in Berlin und Brandenburg. Ausgabe 23/2008.

Gleiserneuerung in einem Zuge.
Heinrich der Starke tauscht gleichzeitig alt gegen neu.

Seit Mitte Oktober werden zwischen Lichtenberg und dem Biesdorfer Kreuz an fast jedem Wochenende die S-Bahngleise erneuert. Alle zweieinhalb Minuten fahren hier die Züge im Berufsverkehr – klar, dass die Gleise teils aus den Siebzigern abgenutzt sind.

Zum dritten Mal rückte am 29. November „Heinrich der Starke“ an, um 1150 m Schienen, Schotter und Schwellen auszutauschen. Dieser Schnellumbauzug der Firma Spitzke schafft es in einem Zuge, das alte Gleis aufzunehmen und das neue zu verlegen. Mit seinen 13 Schwellenwagen ist er 480 m lang. Die eigentliche Umbaueinheit wiegt beachtliche 280 Tonnen.

Der Starke schafft Starkes

Nachdem am Freitagabend die Stromschienen und Fahrsperren an den Signalen weggeräumt wurden, lösen die vorne weg laufenden Gleisbauer die Schrauben und Federklemmen, die die Schienen an den Schwellen halten. Diese werden von der Umbaueinheit mit einem Magnetband aufgelesen. Zwei Pflüge rechts und links schieben den Schotter bei Seite. Die alten, nun losen Schienen werden angehoben und über Rollen nach außen geleitet. Ein Greifarm nimmt die alten Schwellen nacheinander, die über Förderbänder nach vorne geleitet werden. Ein brückenförmiger Portalkran, wie man ihn vom Containerumschlag kennt und der über die Schwellenwagen gleitet, legt sie in Reih' und Glied auf einem Schwellenwagen ab. Auf denen liegen bereits die neuen Betonschwellen bereit – je 180 Stück von denen jede 300 kg wiegt. Das Schwellenwerk musste sie genau sortieren, denn jede achte ist etwas länger, um daran die Stromschiene anzuschrauben.

Der fahrende Kran holt sich einen Satz neuer Schwellen ab, die über ein paralleles Förderband ins Gleisbett transportiert werden – exakt alle 60 cm wird eine verlegt. Nun wird die neue Schiene passgenau auf die Schwellen platziert. Die jeweils 120 m langen und sechs Tonnen schweren Schienenstücke wurden bereits am Vorabend ins Gleisbett gelegt. Auf dem letzten Wagen kontrolliert ein Messcomputer, ob alles korrekt liegt. Die Gleisbauer dahinter schrauben die Schienen an den Schwellen fest. Acht Stunden brauchte „Heinrich“ am Samstagmorgen für die 1150 m – als die meisten Berliner noch Schlafen.

Gleise anheben & Schotter tauschen

Aber die Gleise sind noch nicht ausreichend geschottert: Ein zweiter riesiger Zug folgt: die Reinigungsmaschine. Sie hebt die neu verlegten Gleise an, schaufelt den Schotter auf, siebt allen Schmutz heraus und verlegt wieder die mit frischen aufgefüllten Steine. Schließlich muss das Schotterbett noch in die richtige Form gebracht und gestopft werden, damit die Steine nicht fortrollen. Am Ende werden – inzwischen ist es Sonntagabend – die Stromschienen und Fahrsperren wieder angeschraubt, damit am Montagmorgen die S-Bahnen rollen können.

„Heinrich der Starke“ ist noch einmal im Einsatz, später löst ihn seine große Schwester „Katharina die Große“ ab, damit bis zum vierten Advent die Streckengleise fertig sind. Ab Februar geht's im Bahnhof Lichtenberg weiter: Dort werden die Gleise und Weichen erneuert und der Zugang zur U-Bahn umgebaut. mb

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Samstagmorgen zwischen Lichtenberg und Friedrichsfelde Ost: „Heinrich der Starke“ greift die alten Schienen (grau) und verlegt gleichzeitig die neuen (braun). Foto: Jens Lachmann
 

 

 
Punktgenau alle 60 cm werden die neuen Schwellen im Gleisbett platziert, während vorne die alten aufgelesen werden. Übrige Fotos: Michael Bartnik